Unter Phytotherapie versteht man die Behandlung mit Heilpflanzen, Kräutern und pflanzlichen Arzneimitteln, meist aus der Erfahrung und Tradition der Volksmedizin. Sie werden in verschiedenen Zubereitungen als Tee, Saft, innerlich, äußerlich oder in besonderen Formen (z. B. homöopathisch, s. u.) angewendet.
Heute sind viele Wirkstoffe der Phytotherapie naturwissenschaftlich gut erforscht und werden auch vielfach in der wissenschaftlichen Medizin eingesetzt.
Beispiele:
Penicillin = Schimmelpilzprodukt à Antibiotikum / Digitalis = Fingerhut à Herzmedikament / Hypericum = Johanniskraut à milde Depression
Nach naturheilkundlichem Verständnis besteht allerdings ein wesentlicher Unterschied zwischen der Verabreichung eines Wirkstoffes und der Gabe einer ganzen Pflanze. Obwohl chemisch beides nahezu identisch ist, so fehlen doch im ersten Fall die spezifischen „dynamischen Lebenskräfte“, in etwa nach dem Motto: „Das Ganze ist mehr als die Summe seine Teile“!.
Ein Beispiel aus dem Alltagsleben: Orangensaft aus Konzentrat rückverdünnt, ist chemisch identisch mit frischgepresstem Orangensaft, dennoch schmecken beide verschieden (und kosten auch unterschiedlich viel). Es gibt möglicherweise wirksame Elemente, die nicht chemisch fassbar sind. Vielfach ist es möglich, chemisch-industriell synthetisierte Arzneien durch nebenwirkungsärmere pflanzliche zu ersetzen, die allerdings keineswegs alle völlig ungefährlich oder nebenwirkungsfrei sind. Inzwischen werden manche ursprünglich pflanzlichen Wirkstoffe im Labor synthetisiert und dann als fertiges Arzneimittel vertrieben.
HOMÖOPATHIE
Eine Sonderform stellt die Homöopathie dar. Sie wurde von dem deutschen Arzt und Wissenschaftler Samuel Hahnemann (1755-1843) als Antwort auf die damalige Medizinpraxis begründet, die vor allem aus Aderlaß und Urinbeschau bestand (deshalb auch die bekannten historischen Darstellungen von Ärzten mit dem entsprechenden Uringlas in der Hand). Hahnemann entdeckte durch akribische Versuchsreihen zuerst im Selbstversuch mit Chinarinde, dass eine bestimmte Substanz beim Gesunden eine genau umschriebene Wirkung (Symptom) hervorrufen kann. Wenn man nun einem Kranken mit ähnlichen Symptomen genau diese Arznei verabreicht, verschwinden diese wieder. Aus dieser Beobachtung formte Hahnemann den Satz: „similia similibus curentur“ (§25) (Ähnliches möge durch Ähnliches geheilt werden = Ähnlichkeitsregel). Wenn beispielsweise jemand Husten hat, gibt man eine Arznei, die bei einem Gesunden genau diesen Husten hervorruft. Der Husten wird nicht unterdrückt, sondern die Absicht ist, den kranken Körper anzuregen, sich selbst zu heilen. Daraus entstand die Bezeichnung Homöopathie (homos = der gleiche, Behandlung nach dem Ähnlichkeitsgesetz). Im Gegensatz hierzu steht das „contraria contrariis“ (§57, a.a.O.) der üblichen „schulmedizinischen“ Allopathie (allos = der andere, Behandlung mit dem Gegenmittel)“. Bei Husten gibt man allopathisch z. B. das Hustenmittel Codein. Es schaltet das Hustenzentrum im Gehirn aus und bewirkt eine Dämpfung der Schmerzwahrnehmung (Analgesie), Nebenwirkungen: Verstopfung, Übelkeit, Atemdepression. Das Symptom wird unterdrückt, nach Absetzen des Medikaments sind alle alten Symptome wieder da. Ein weiteres Prinzip homöopathischer Behandlung ist das „Potenzieren“. Dabei will der Homöopath durch Verdünnen und rhythmische Verschüttelungen die in einer Arznei verborgenen dynamischen Kräfte entwickeln und freisetzen (§269, a.a.O.). Krankheit wird also verstanden als Störung einer dynamischen Lebenskraft (vis vitalis), die durch die entsprechend passende Arznei (das „Simile“) in resonante Schwingung versetzt und damit wieder geordnet oder energetisiert wird.
INDIKATIONEN
Homöopathie wird nicht gegen eine Krankheit sondern für einen bestimmten Menschen gegeben. Besonders wirkungsvoll scheint die Homöopathie, wenn der ganze Mensch in seiner individuellen Wesensausprägung, seiner „Konstitution“ behandelt werden soll, vor allem aber auch bei chronischen Krankheitsprozessen und in der Prävention von Krankheiten. Homöopathie wird auch häufig eingesetzt bei „Bagatellerkrankungen“ wie Husten, Schnupfen und Verdauungsstörungen, insbesondere auch bei Kindern und Schwangeren. Nach homöopathischem Verständnis können „Bagatellerkrankungen“ allerdings Hinweise auf eine Störung der Gesamtfunktion der Gesundheit sein und damit als ernst zu nehmende Indikatoren dienen. Auch bei geringen Beschwerden kann durchaus eine Behandlungsbedürftigkeit resultieren. Das Spektrum der Phytotherapie ist umfassend. Es reicht vom bekannten Kräutertee der Hausapotheke (z. B. Kamillentee bei äußerlichen und innerlichen Entzündungen, Wirkstoff sind hier v.a. die ätherischen Öle) und den Saponoiden und Alkaloiden des Efeus (bei Husten) über die Keuschlammfrüchte (bei Menstruationsstörungen, corpus luteum ähnliche Wirkung) bis zum hochpotenten Gichtmittel aus dem Alkaloid Colchizin der Herbstzeitlosen. Ein Beispiel: Die Misteltherapie wird bei degenerativen Gelenkerkrankungen, zur Steigerung der allgemeinen Abwehrlage (Präparat: PlenosolÒ) und adjuvant in der Tumortherapie (am bekanntesten: IscadorÒ) verwendet. Die Misteltherapie bei Karzinomen ist Gegenstand intensiver wissenschaftlich universitärer Forschung. Das Erklärungsmodell sieht gezielte dynamische Form- und Ordnungskräfte am Werk, die sich auch in der besonderen Wuchsform der Mistelpflanze zeigen.
WAS IST ZU BEACHTEN ?
Die Wirkung von Homöopathika kann abgeschwächt werden. Solche Störungen können z. B. von Kaffee oder schwarzem Tee ausgehen, sowie von Kampfer (z. B. in den meisten Zahnpasten) oder Pfefferminz. Das gilt auch für manche Arzneimittel wie z. B. für Cortison. Diese Substanzen vermindern die Wirkung der Homöopathie, aber heben sie nicht völlig auf. Da die homöopathische Arznei ganzheitlich wirkt, hilft es dem Therapeuten, wenn sie eintretende Veränderungen (Wirkungen) nach Einnahme des Mittels beobachten (am Besten notieren!) und bei ihrem nächsten Besuch mitteilen.